Sorgfältig verwässert

Wie die Wirtschaftsverbände versuchen, ein Lieferkettengesetz zu verhindern

Nur etwa ein Fünftel der von der Bundesregierung befragten Unternehmen hält die Anforderungen des Aktionsplans für Menschenrechte ein. Die Bundesregierung hatte eine Quote von 50% verlangt, was zeigt, dass Freiwilligkeit hier nicht mehr ausreicht und ein gesetzlicher Rahmen, wie das Lieferkettengesetz, geschaffen werden muss.


Kritische Stimmen aus der Wirtschaft

"Es ist dringend notwendig, diese überzogenen Vorstellungen einzufangen. Denn Deutschland wäre das einzige Land weltweit, welches solche Anforderungen an Unternehmen stellt." Wolfgang Steiger, Generalsekretär des Wirtschaftskreises der CDU

"Es ist fraglich, welche Wirkungen nationale Initiativen in einer globalisierten Wirtschaft haben können“ Stefan Mair, BDI-Hauptgeschäftsführung

Wirtschaftslobby will Gesetz weichspülen

"Deutsche Mittelständler sind bereits heute in der Lage, ihre Zulieferketten sehr gut zu organisieren. Sonst wären sie nicht so erfolgreich. Und wer eine hervorragende Qualität seiner Produkte in technischer Hinsicht garantiert, wird auch dazu in der Lage sein, wenn es um Löhne, Arbeitszeiten und Brandschutz bei den wesentlichen Zulieferern geht." Interview mit Achim Truger, Mitglied Sachverständigenrat für Wirtschaft, TAZ 17.09.2020

Faktencheck zum Lieferkettengesetz


Irrtum 1: Ein nationaler Alleingang würde deutsche Unternehmen benachteiligen (gerade in der Corona- Krise).

Richtig ist: Andere Länder haben bereits ähnliche Gesetze verabschiedet oder haben es vor. Zudem arbeitet die EU-Kommission an einer EU-weiten Regelung. Von einem nationalen Al- leingang Deutschlands kann daher nicht die Rede sein.


Irrtum 2: Unternehmen müssten für Dritte haften, deren Verhalten sie nicht beeinflussen können und wären unkalkulierbaren Haftungsrisiken entlang der gesamten Lieferkette ausgesetzt.

Richtig ist: Unternehmen müssten nur haften, wenn sie ihre eigenen Sorgfaltspflichten ver- letzt haben und dadurch kausal ein Schaden entstanden ist, den sie vorhersehen und mit angemessener Sorgfalt hätten vermeiden können.


Irrtum 3: Unternehmen müssten eine Klagewelle befürchten.

Richtig ist: Das Lieferkettengesetz soll in erster Linie präventiv wirken. Indem Unternehmen verpflichtet werden, effektive Risikomanagementsysteme aufzubauen, sollen möglichst viele Schäden an Menschen und Umwelt im Vorfeld vermieden werden, sodass Schadener- satzklagen gar nicht erst nötig würden.


Irrtum 4: Ein Lieferkettengesetz enthielte so viele unbestimmte Rechtsbegriffe, dass Unternehmen nicht erkennen können, wie sie sich verhalten sollen und die Haftungsrisiken unüberschaubar wären.

Richtig ist: Gesetze müssen auf lange Zeit für eine Vielzahl von Fällen gelten. Der Gesetzge- ber kann deshalb keine konkreten Vorgaben für jeden Einzelfall machen, sondern muss auf sogenannte unbestimmte Rechtsbegriffe wie „angemessene Maßnahmen“ zurückgreifen. Wichtig ist nur, dass diese Begriffe ausgelegt werden können und für die Normadressat*in- nen somit erkennbar ist, wie sie sich verhalten sollen.


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